Expose: Auferstehung - vor dem Tod. Therapeutisch arbeiten mit biblischen Texten
 
 

Die christlichen Wege scheinen sich abgenützt zu haben. Die Menschen suchen anderswo, und der große Schatz der Bibel liegt brach. Dieses Buch will daher einen neuen Zugang eröffnen zu ihrer alten Weisheit und ihren Wegen zu echter menschlicher Transformation; einen Zugang, der nicht im Für-Wahr-Halten absurder Glaubensvorstellungen gründet und auch nicht in einer blind euphorischen Hallelujah-Stimmung, sondern im vollen Akzeptieren des Hier und Jetzt.

Das Buch beginnt mit einer kurzen Einführung in die Symbolik der biblischen Erzählungen. Anhand zweier Beispiele aus dem Alten Testament zeige ich, daß die Geschichten, die die Bibel erzählt, niemals in einem faktizistischen Sinn wörtlich zu verstehen sind wie etwa ein Zeitungsartikel, sondern daß die biblischen Autoren die historischen Personen und Ereignisse zu archetypischen Bildern verweben, damit alle, die mit diesen Bildern in Kontakt kommen, in ihrem Wesen berührt, und, wenn sie dafür schon bereit sind, verwandelt werden in neue Menschen.

Diese Verwandlung oder "Wiedergeburt" oder auch "Auferstehung" ist das Thema der Bibel von Anfang an und zwar ausschließlich. Das Thema wird dann im Neuen Testament in besonderer Weise weitergeführt mit der Auferstehung Jesu. Und auch sie ist nicht in einem faktizistisch-materiellen Sinn zu verstehen.

Im ersten größeren Abschnitt erzähle ich daher in der Sprache unserer Zeit und Kultur, wie die Jünger Jesu die Auferstehung erlebten, welche Voraussetzungen sie mitbrachten und wie die Verwandlung in ihnen greifen konnte. Angelpunkt war der Schock des Todes Jesu. Angesichts dieses Schreckens brach ihre Vorstellungswelt endgültig zusammen. Alles Äußerliche war entwertet, einschließlich sämtlicher Erfahrungen mit Jesus. In dieser Leere erwachte in ihnen "der Menschensohn" - ihr eigenes inneres Wesen. Und von ihm aus konnten sie jetzt auch Jesus neu sehen als Lebendigen. Die Apostel brauchten nun nur noch etwas Zeit, bis sie sich ganz gelöst hatten von ihrer alten Welt. Pfingsten dann waren sie vollkommen bereit für jenen Geist, der auch das Leben ihres Meisters bestimmt hatte. Und Pfingsten ist nicht allein ein christliches Phänomen, denn der Geist ist in allen Kulturen zu finden.

Als nächstes zeige ich, wie Jesus selbst diesen archetypischen Vorgang der Menschwerdung beschrieben hat in seiner Rede über "das Ende der Welt und das Jüngste Gericht", wo ja auch, nach dem Zusammenbruch "dieser" Welt, der Menschensohn erscheint. Jesus weist ausdrücklich darauf hin, daß es sich dabei nicht um ein Ereignis in der fernen Zukunft handelt, sondern daß dies einige seiner damaligen Zuhörer noch vor ihrem physischen Tod erleben werden. Mit anderen Worten, es geht nicht um ein Ereignis in der äußerlichen Welt, sondern darum, daß nach dem Untergang der persönlichen Vorstellungswelt der wahre Mensch erscheint und daß damit die Welt eine andere geworden ist.

Unter diesen Voraussetzungen erscheinen auch die Fragen nach dem leeren Grab und nach den Erscheinungen des Auferstandenen in einem ganz anderen Licht. Es wird nun klar, daß es auch hier nicht darum geht, ob das Grab in einem wörtlichen Sinn leer war, sondern daß das Wesentliche dort nicht zu finden ist. Das Wesentliche ist auferstanden - in den Jüngern. Und diese Auferstehung war von so einer gewaltigen Realität, daß die späteren Textzeugen wie Lukas und Johannes sie sogar als physische beschrieben haben, obwohl dies den früheren Zeugnissen nicht zu entnehmen ist.

Auch wenn wir betrachten, was Jesus selbst zum Thema Auferstehung sagt, geht es darin nicht um ein persönliches Weiterleben nach dem Tod. Und selbst Paulus, der immerhin vom Schicksal der Entschlafenen spricht, betont die Verwandlung zu Lebzeiten, und er nennt diejenigen "Narren", die glauben, daß es nach dem Tod einfach so weitergehe wie vorher. Paulus setzt auch die Gleichung des historischen Jesus mit dem archetypischen "Christus", dem Erlöser, der, wie er selbst erfahren hat, der innerste Wesenskern eines jeden Menschen ist. Und Jesus bestätigt das, wenn er sich selbst den "Menschensohn" nennt.

Von diesem menschlichen Wesenskern geht die Erlösung aus, die daher in allen Kulturen zu allen Zeiten gegenwärtig ist. Das betont auch der Hebräerbrief, der vom Tod Jesu als dem "Opfer des Neuen Bundes" spricht. Sein Autor versteht diesen eben nicht (wie spätere Exegeten) als eine magische Transaktion, und in keiner Weise deutet er an, daß nur die gerettet werden könnten, die in dem historischen Jesus ihren Erlöser sehen.
 
 

Der zweite Teil handelt von dieser tatsächlich erlösenden Kraft Jesu und ihren Fehldeutungen im Lauf der Geschichte, wie z.B. der Auffassung, daß diejenigen verdammt wären, die der "allein-selig-machenden" christlichen Doktrin nicht folgen. Die Geschichte zeigt uns ja eine ewige Welle von Verfall und Wiedergeburt, von der offensichtlich auch die christliche Religion betroffen ist. Der Versuch, den immer neuen Bund mit Gott orthodox festzuschreiben, macht daraus einen alten, der Gegenwart unangemessenen Bund. Auf diese Weise haben die Menschen die Möglichkeit, zu Lebzeiten verwandelt zu werden, aus den Augen verloren. Und so haben sie auch die Aussagen Jesu über die Endzeit einseitig materiell gedeutet und ein ganzes Vorstellungsgebäude über ein Leben "nach" dem Tod daraus gemacht. Im Lauf der Geschichte sind die Glaubenslehren, die aus der unmittelbaren Erfahrung der Erlösung stammen, außerdem auch von Menschen mitbestimmt worden, die nicht verwandelt worden sind. Genau das hat vor zweitausend Jahren zur Hinrichtung Jesu geführt und später noch zu vielen anderen Greueltaten, wie den Kreuzzügen, dem Hexenwahn oder der Inquisition.

Als nächstes zeige ich "Auferstehung" und "Wiedergeburt" als das Erwachen des Ewigen im Menschen: Jesus selbst hat nämlich einige seiner Schüler in diesen immer vorhandenen Bereich der menschlichen Wirklichkeit geführt, als er sich ihnen auf dem Berg Tabor in Gemeinschaft mit Mose und Elia zeigte. Er hat damit darauf hingewiesen, daß das Erwachen des Ewigen im Menschen die eigentliche Auferstehung und Wiedergeburt ist. Jesus war also längst vor seinem Tod auferstanden. Sein ganzes Leben ist schon "Ewiges Leben". Aber was ist Ewiges Leben? Jesus sagt, daß darin nicht menschliche Vorstellungen herrschen, sondern "der Vater". Die in diesen Bereich eintreten, sind also nicht allein. Sie stehen in unmittelbarem Kontakt zueinander. Sie spüren, was sie und was andere brauchen, und sie verweigern sich nicht.
 
 

Abschließend geht es um die Auswirkungen der Erlösung auf das Leben: Nach ihrer Verwandlung nehmen die Menschen den Logos an. Sie lassen sich jetzt lenken von jener liebenden Intelligenz, die aus dem Staub Menschen gemacht hat. Diese Intelligenz ist zwar immer da, aber sie kann erst dann für uns wirken, wenn wir ihr vertrauen und wenn wir auf unsere eigene, berechnende Intelligenz verzichten - wie beispielsweise der alttestamentarische Gideon, der in diesem Geist ohne eigene Verluste eine Armee von dreißigtausend Mann schlagen konnte.

Das Paradies ging verloren, weil die Menschen vom Baum der Erkenntnis aßen, weil sie sich von ihren (logischerweise beschränkten und beschränkenden) Vorstellungen zum Glauben an die Berechenbarkeit des Lebens verführen ließen. Erlöst aber werden wir, indem wir im Vertrauen auf unseren göttlichen Ursprung voll und ganz zurückkehren zum unmittelbaren Spüren der einzig wirklichen Wahrheit, nämlich zu dem, was uns in der Gegenwart berührt. Und dazu muß die alte (Vorstellungs-)Welt, mit der wir uns identifiziert haben, untergehen, und wir müssen wiedergeboren werden aus dem Geist.
 
 
 

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